Deutsche Investitionen in China hängen am Tropf der Gewinne

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Seit über 30 Jahren werden deutsche Auslandsinvestitionen in der Welt aus reinvestierten Gewinnen finanziert. Dieser Anteil wuchs, ungeachtet hoher Schwankungen in einzelnen Jahren, bis 2022 auf etwa ein Viertel. 2023 und in den drei ersten Quartalen des vergangenen Jahres aber sanken die Investitionen, während der Anteil der reinvestierten Gewinne an ihnen in etwa konstant blieb. Dieser Anteil stieg damit weit über das langjährige Mittel.

Ob dies ein Trendbruch oder zyklischen Faktoren zuzuschreiben ist, ist noch offen. Geprägt wird dieses Bild durch die deutschen Investitionen im EU-Raum. Auf ihn entfielen 2022 etwa 60 Prozent aller getätigten Auslandsinvestitionen. Auch der Anteil der reinvestierten Gewinne an den Direktinvestitionen in den USA zeigt ein stabiles Muster, das durch die Immobilienblase vor der Finanzkrise 2008 und dem Einbruch nach der Krise nur vorübergehend unterbrochen wurde. Investitionen in beiden Regionen (EU und USA) werden also überwiegend aus Mitteln der Konzernmütter und durch Aufnahme von Krediten im Gastland finanziert und nicht aus Gewinnen vor Ort.

Das ist und war bei Investitionen in China immer anders. Dort werden seit 1990 mehr Gewinne reinvestiert als in anderen Regionen. Dies ist verständlich, waren doch die beiden oben genannten Finanzierungsalternativen stets weniger attraktiv als in Europa und den USA. Denn in China ist der Kapitalverkehr bei der Repatriierung beschränkt und der chinesische Kapitalmarkt noch unterentwickelt. Seit 2020 sind die reinvestierten Gewinne in China auf und über ein sinkendes Niveau der Direktinvestitionen gestiegen. Die dritten Quartale von 2023 und 2024 zeigten sogar sinkende Investitionen.

Das ist ein Menetekel. Denn hier kommt es zu „toxischen“ Kombinationen: Das Wachstum Chinas verlangsamt sich längerfristig, es gibt zyklische deflationäre Tendenzen und damit auch eine sinkende Nachfrage und steigende Unsicherheit. Gleichzeitig subventioniert die chinesische Regierung die Produktion stark, und chinesische Konkurrenten liefern eine dramatische technologische Aufholjagd. Aktuell sorgen sich alle deutschen Wirtschaftsvertreter in China über diese beiden „Zangengriffe“ und führen sie mit den geopolitischen Spannungen ins Feld.

Sie erfassen alle Industriezweige – nicht nur den Autosektor – und bedeuten, dass die finanzielle Basis der deutschen Investitionen in China, die Gewinne aus den Bestandsinvestitionen, noch ausreichen, um unter den schwierigen Marktbedingungen in China Neuinvestitionen zu finanzieren. Schrumpft aber dieses Volumen wegen der Zangengriffe, werden auch die zukünftigen Gewinne schrumpfen. Dies hätte nicht nur negative Konsequenzen für die Investitionen in China, sondern auch für alle Investitionen der Konzerne in Deutschland.

Eine der beiden Finanzierungsalternativen, Mittel von der Konzernmutter, wird dann ebenfalls schrumpfen, und die andere Alternative, Mittel aus China, erhöht das Risiko, von chinesischen Partnern finanziell an die Wand gedrückt zu werden. Das geopolitische Umfeld fügt ein Übriges hinzu. Dazu gehören auch die Wechselkurspolitik Chinas, die es nicht zulässt, dass der Yuan marktgerecht aufwertet. Sollte die Währung weiter abwerten, wären Investitionen alles andere als attraktiv, wenn die „Zangengriffe“ in China Bestand hätten und deutsche Investitionen schrumpften.


Prof. Dr. Rolf J. Langhammer

Rolf J. Langhammer ist Außenwirtschafts-und Entwicklungsökonom am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) und Honorarprofessor an der Universität Kiel. Bis 2012 leitete er verschiedene Forschungsabteilungen am IfW, dessen Stellvertreter des Präsidenten und Vizepräsident er von 1997-2012 war. Seit seinem Ruhestand 2012 arbeitet er weiter am IfW.

Bild: IfW Kiel, Studio 23

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